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Dienstag, 29. Januar

Der heutige Tag, so unscheinbar er verläuft, wird im Nachhinein der schönste meines diesjährigen Aufenthalts gewesen sein, in seiner bescheidenen Pracht unvergesslich. [Dies tippe ich, Uri, genau zwanzig Jahre später, während die ägyptische Revolution auf Hochtouren läuft! Auch ich hoffe, dass der heutige Tag für das Volk am Nil und für alle Völker im Nahen Osten "in seiner Pracht unvergesslich" sein wird!]

 

Nach einem Rundgang im ehemaligen Templerdorf, dessen architektonische Sonderheiten mir gezeigt werden, und einem Besuch in der Zarchania, dem Dorfladen, wo ich Gemüse kaufe, um meinen Beitrag am Kochen zu leisten, machen wir drei Alten – Doron und Esthi sind früh um fünf zur Arbeit gefahren – uns auf zu einem Spaziergang auf den "Berg". Der lang sich hinziehende, flache Hügel ist übersät mit vereinzelt stehenden Tabor-Eichen, dazwischen blühen weiße Anemonen. Nichts beschneidet den paradiesischen Frieden, die Eintracht vom starken alten Baum mit der kindlichen Blume; vielleicht bin ich in einem früheren Leben einmal eine Waldbodenpflanze gewesen. Die helle Säulenhalle und der samtene grüne Boden in solch gelichtetem Wald, wo die Bäume frei sind sich zu recken zum lieben Gott, ohne sich in die Quere zu kommen, keines das Lied des anderen stört, ist mir ein Urbild.

[…]

Der Spaziergang endet bei einem Drahtzaun am Waldrand und wird plötzlich doch noch politisch. Uns zu Füßen breitet sich ein größeres Dorf aus mit sehr weißen Häusern. Ich komme in den Genuß eines der seltenen Gespräche mit Uri L., und welch Jammer, daß es nicht wenigstens ein einträchtiges ist. "Da unten, das ist ein arabisches Dorf", sagt er mit stolzem Lächeln über verschränkten Armen: "Die kennen mich alle. Aber ich, ich kenne keinen. Für mich sieht ein Araber wie der andere aus."  [muss wohl Sarsir oder Ka'abije gewesen sein…]

Das ist keine Musik, die mir schmeckt. "Wir sind doch alle Semiten", kontere ich indigniert. Uri L. schüttelt den Kopf.

 

"Diese Araber, die kommen über den Zaun hier und lassen ihre Schafe auf unserem Grund weiden. Dabei ist das Land für unsere Kühe da."

 

Unsere Kühe sind weit weg, auf der andern Seite des Hügels. "Aber"' frage ich, "warum haben die Araber nicht auch Land für ihre Schafe?"

 

"Weil", sagt Uri L. und ist rot geworden vor Eifer: "Weil wir es sind, die das Land erobert haben."

 

Mir ist auf einmal kühl geworden an diesem schönen Tag. Wir kehren um und gehen nach Hause.

 

Dienstag Nacht

 

[…] Zu meiner Genugtuung stelle ich fest, daß nicht nur ich dauernd dies und jenes nicht verstehe, weil mir sprachlich wieder etwas entgangen ist; auch die andern beklagen sich zunehmend über etwas, was sie Desinformation nennen: man hört so viel gescheit Dahergeredetes wie sonst nicht in Jahren, und weiß immer weniger Bescheid. Man kommt langsam dahinter, dass man immer das selbe hört, wieder und wieder aufgewärmt, und kann trotzdem nicht aufhören hinzuhören: es ist wie eine Sucht. Die in den Medien wiederum, besonders beim Kriegssender CNN, müssen Tag und Nacht die selben Wörter neu zusammenschütteln, denn sie müssen etwas zu bieten haben. […] Um acht ruft Dani an. Sie erzählt, auch in Europa gebe es außer CNN und WÜSTENSTURM kein einziges halbwegs normales Medien-Programm mehr; Eine Nation überbiete an Schein-Information die andere, und alles diene nur dazu, das bitterschlechte Gewissen zu bedecken, das ausnahmslos alle Staaten hätten, denn keinen gebe es, der den Irakern nicht irgend eine Kleinigkeit zum Wargame habe zukommen lassen.

 

[…]

 

David ruft an, und er ist wie ein Fremder. Seine Stimme klingt dünn durch die Luft. Du bist den Leuten überflüssig, sagt er, komm nach Hause, und das ist schrecklich taktlos, wo er weiß, dass ich durch eine ungeschickte Bemerkung von Edith und Uri empfindlich geworden bin; dünn ist, vor allem, die Ausflucht in seiner Stimme. Er will mich wiederhaben. Ich bin zu tief drin jetzt. Er ist weit weg. Im Augenblick ist er sehr weit weg.

 

 

 

MUTTER ZWISCHEN DEN FRONTEN

 

[hier ein "Geheimtipp", nur heute, anlaesslich des Themas, das von Uri L. angeschnitten wurde: http://www.mideastweb.org/nemashim/SCHREI.doc]

 

 

Ich habe übrigens während dieses Krieges an Wolf Biermann einen Brief geschrieben:

https://abumidian.wordpress.com/deutsch/biermann

 

(ich habe den Link geflickt)

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