Montag, 4. Februar
beim Aufwachen um 12.30 Uhr
Wann zum Teufel werde ich in diesem Land eine eigene Wohnung haben wie normale Auslandisraeli? – Hier ist es kalt und dunkel, und ich hätte so gerne Claire in der Schweiz angerufen, sie solle versuchen, für mich Video-Reportagen über den Krieg bekommen; das einzige, worum ich David gebeten habe, und er tut es einfach nicht.
Ich brauche vier Tassen Kaffee, um den Mut zu haben, das Telefon zu mißbrauchen und Claire anzurufen. Hätte ich nur meine eigenen vier Wände! Dann Miki: was mache ich, wenn sie nicht da ist? Denn hier bin ich wieder ausgeladen, Uri will mich "einmal in der Woche einen Tag bei sich haben", sagt er. – Aber Miki ist da, wenn sie sich auch nicht mehr daran erinnert, daß wir schon verabredet sind. Aber vielleicht ist es auch nur eine Redensart, daß sie mich nach meinen Plänen fragt. Jedenfalls machen wir aus, daß ich mit dem Bus zwischen vier und fünf nach Savion fahre. In der Zwischenzeit ist es zu früh zum Weggehen und zu spät, um etwas Gescheites anzufangen. Ich putze ein bißchen. Räume auf. Wische Staub. Das ist ja wohl die Aufgabe der Schwiegermutter, der zukünftigen Großmutter. Mit Grauen erinnere ich mich daran, wie meine Schwiegermutter, Gott hab sie selig, mich geärgert hat mit ihrem pedantischen Saubermachen. [Meine Großmutter Berta war erst kürzlich, ein Jahr vorher, gestorben.] Jetzt weiß ich, wie ihr zumute war. Dreißig oder vierzig Jahre Frust in der Küche machen dich zum Experten im Putzen. Ich muss den Kindern das sagen, damit sie mich besser verstehen.
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Edith erzählt mir heute ausführlich über ihre Arbeit: sie untersucht die "psychischen Täuschungen", denen Menschen bei der Erinnerung an Farben, Formen und Größe erliegen. Das ist höllisch interessant [und ist natürlich auch mit ein Thema dieses Tagebuchs, wenn wir es jetzt nach zwanzig Jahren lesen….] . Edith will mich einmal mitnehmen, wenn es geht. Ich hätte gerne noch vieles gefragt, wie schade, daß ich weg muß, wenn ich noch bei Tageslicht bei Miki sein will. Uri kommt gerade zur rechten Zeit nach Hause, um mich an die obere Straße zum Bus 56 zu begleiten. Ach, es ist ja doch auch bei meinem Jüngeren immer sehr schön…
Bei Bar-Ilan steigt Schai in den Bus. Wie immer bin ich verlegen und weiß mit dem Neffen nicht viel zu reden, und von dem, was er erzählt, verstehe ich wenig, zum Teil aus sprachlichen Gründen, zum Teil, weil meine technische und militärische Bildung zu wünschen übrig läßt.
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Ich habe übrigens während dieses Krieges an Wolf Biermann einen Brief geschrieben:
https://abumidian.wordpress.com/deutsch/biermann