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Mittwoch, 20. Februar

Heute Morgen quälte mich der Gewissenskonflikt, ob ich zuerst das Geschirr abwaschen solle, das sich bis direkt unter den Hahn türmte, oder liebe Doron nicht warten lasse. Ich entschied mich für die zweite Variante, weil ich voraussichtlich ohnehin als erste wieder in Yad Eliahu sein werde. Das Frühstück bei Doron war wunderschön, er erzählte mir alles mögliche über Viren und Eukarioten in der kindlichen Form, in der ich es verstehe, also zum Beispiel: "Der Körper lässt eine Atombombe auf ein Dorf los, um einen Dieb zu fangen, der sich darin versteckt hält: er tötet nämlich eine ganze Zelle, damit der Virus stirbt, der darin sitzt."

[…]

Edith war doch vor mir zu Hause, aber nur, um sich umzuziehen für einen Besuch bei einer kranken Freundin in Jerusalem; also ließ sie mir die Abwasche, aber nicht ohne zu sagen, es sei ihr unangenehm, daß ich das tue, worauf ich anfing zu argumentieren, ich sei doch die Alte, müsse etwas beitragen, nicht zu stören… und geriet prompt ins Stottern und wusste nicht mehr weiter. Wie kann ich nur so ins Schleudern kommen vor dieser jungen Frau, die viel zu viel Liebe und Freundlichkeit ausstrahlt, als daß man irgend einen bösen Gedanken bei ihr vermuten könnte.

[…]

Heute ist mein freier Tag. Ich werde Fische essen! Ich spaziere dem Kai entlang, aber alle Fisch-Restaurants sind entweder geschlossen oder zu teuer oder von gähnender, erschreckender Leere. Das einzige, was ich finde, ist ein junger Soldat, der ein paar Fragen stellt über Raketen in Tel Aviv – er sei in Jerusalem gewesen – und mich einladen will, etwas mit ihm zu trinken. Welch eine Generationenverrenkung!

Auch Geschäfte, in denen ich ein paar Einkäufe erledigen könnte, sind entweder zu oder tragen das Schild "offen" und sind doch geschlossen. Ich lande in der hübsch herausgeputzten "autofreien Innenstadt", die es in Tel Aviv ebenso gibt wie in München oder Zürich, aber hier gibt es nur Kuchen zu essen; die Fischmahlzeit reduziert sich zu einem bescheidenen Thonsalat. Dann wieder zurück in die Allenby [Die "Allenby" ist eine der Hauptstraßen im Westen von Tel-Aviv parallel zum Meer, benannt nach dem britischen General, der 1917 Palästina eroberte.] ; obschon ich nicht gewagt habe, später als um acht auf der Straße zu streunen, bin ich fast der einzige Mensch hier weit und breit, und der Autobus kommt so lange nicht, daß ich mich mit dem Zweiundddreißiger begnüge, der in Yad Eliahu einen Umweg fährt. Er rast durch die Gegend, als müsste er sich beeilen, vor dem nächsten Alarm im Stall zu sein, ich kann mich gerade noch festhalten.

[…]

Endlich ist Uri zu Hause. Das Gespräch mit ihm ist wie immer interessant und brisant. Es sei schwer, gegen die Macht der Medien zu kämpfen, aber Flugblätter genügten nicht: es sei eine Erfahrung aus dem Theater, daß das Interesse des Publikums absinkt, wenn man ihm einen geschriebenen Text vorsetzt; selbst eine gesprochene Stimme könne nur kurze Zeit konzentriert angehört werden. Aber die Medien verwendeten den Trick des häufigen Szenenwechsels und der wechselnden Stimulation von Auge, Ohr, Gefühl. Bei den amerikanischen Filmen dauerten die Bilder höchstens zwei Sekunden lang. – Ja, sagte ich, ich sei am Anfang des Krieges auch lange auf die amerikanischen Reportagen hereingefallen. Was wollen die Amerikaner überhaupt? Wollen sie uns Moral bringen? Haben sie das nötig? Es ist doch klar, daß jeder Staat das tut, was für ihn das beste ist. Solch ein Kollektiv-Egoismus ist ja dann schon fast altruistisch. Und was stellen wir, Israel, für die Amerikaner dar? Bisher waren wir ein Stützpunkt gegen den Kommunismus; jetzt gibt es den Kommunismus nicht mehr, warum sollten die Amis dann den Stützpunkt, der keiner mehr ist, noch länger unterstützen?

 

Auf alle Fälle, was sie wirklich hier in den Nahen Osten bringen wollen, ist kaum Moral – sondern wirtschaftliche Macht. Ich fürchte, daß ich sehr bald sehr enttäuscht sein werde. Und darin hat Uri recht: Dieser Wirtschaftskrieg, der wird noch sehr, sehr lange dauern.

 

"Es hat ja noch gar nicht angefangen", sagt Uri. "Merkst du das nicht? Bis jetzt waren es nur Erdnüsschen." [ich sagte wahrscheinlich "peanuts"…]

 

Ich wundere mich über die große Kraft, die in allen meinen Kindern steckt. Sind sie so stark, weil sie jung sind? – Uri setzt sich an den Computer und schreibt in einer halben Stunde ein Protokoll fertig; dabei hat er den Computer erst seit drei Monaten und kann erst seit kurzem hebräisch Schreibmaschine schreiben – hebräisch überhaupt war ihm noch vor wenigen Jahren fremd, und nun sitze ich, die ich so lange schon einfache Grammatikregeln und Orthographie in dieser Sprache beherrsche, und kann mich nicht darauf konzentrieren, ein Buch zu lesen. Was ist aus mir geworden?

 

 

 

MUTTER ZWISCHEN DEN FRONTEN

 

Und wie ich schon bald vierzigmal hier schrieb: Ich konnte nicht anders und habe Wolf Bier­mann auf sei­nen Artikel in der Zeit ge­ant­wortet:

https://abumidian.wordpress.com/deutsch/biermann

 

 

 

 

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