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Das Karussell im Krasiński-Park

Vater, kannst du dich ans Karussell im Krasiński-Park erinnern? Ich war drei Jahre alt, oder weniger, aber ich kann mich gut erinnern. Wir waren viele Male dort, und am letzten Mal, das war Ostern, und hinter der Mauer waren Flammen und viel Rauch und ein grässlicher süßlicher Geruch, und Gewehrsalven und Kanonen. Und ich fragte dich was das sei. Und du sagtest: Heute ist Ostern, das ist Feuerwerk. Und gerade wie du das sagtest, flog durch du Luft ein verkohltes Kleid auf dein Gesicht. Und als sie dich nach Prag schickten, war ich zwölf, Vater, und ich fragte dich was sie gemacht haben, Slánsk und Clementis und Margolius und all die andern. Du sagtest, sie hätten ihren Staat und den Sozialismus und Stalin verraten, und ich verstand, dass es sinnlos wäre, dich zu fragen, wie Kinder auf die Welt kommen. Und als ich sechzehn war, wusste ich schon selber, was man macht, und Imre Nagy versuchte, einen menschlichen Sozialismus in Ungarn zu begründen, und ich fragte dich nichts mehr, ich habe dich nur angeschaut, versuchte deinen Blick zu erhaschen, aber deine Augen rannten vor mir weg von Ende Oktober bis zum Ende des Jahres.

Als das polnische Militär an der Unterdrückung des Prager Frühlings mitmachte, war ich schon im Alter, in dem du damals im Krasiński-Park warst, neben dem brennenden Ghetto, und der alte Ryszard Siwiec entzündete sich aus Protest gegen das Massaker in den Straßen von Prag, im Stadion Dziesięciolecia.

Ich habe meine Tochter nie zu einem Karussell mitgenommen, Vater, und ich wusste nie warum. Ich wollte immer, denn ich hatte das Karussell im Krasiński-Park, auf der westlicher Seite der Weichsel, in guter Erinnerung, das war so schön, Vater! Irgendwie gab es irgend etwas, und ich nahm meine Tochter nie zu einem Karussell.

Heute bin ich 73, und vielleicht ist es Zeit, dass ich meine Enkelin zu einem Karussell nehme. Vielleicht hat das Karussell im Horsh El Snoubar auch die Köpfe der libanesischen Mädchen verdreht, im Jahre 1982, als westlich davon die Palästinenser in Sabra und Shatila massakriert wurden. Ah, nein! Diesen Park haben die Israeli noch vorher zerbombt und niedergebrannt. Damals, 1982, warst du 73, Vater, und wir sahen die Bilder im Fernsehen, und bei uns griff unser Witold mit harter Hand durch, und du hast mit meiner Tochter im Wohnzimmer gespielt, hast das Fenster geschlossen und die Vorhänge, und hast dich zwischen sie und das Fernsehen gesetzt, und mir schwindelte plötzlich der Kopf.

Denn seit ich klein bin, immer wenn ein Ghetto brennt, schwindelt es mir, wegen dem Karussell im Krasiński-Park.

Uri Shani, Juni 2013

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hebräische Version dieses Textes

גרסה עברית של הטקסט הזה

karusell

Dieses kurze Etwas (im Original auf hebräisch) ist vom Gedicht "Campo di Fiori" des "Gerechten unter den Völkern" und Nobelpreisträgers Czesław Miłosz inspiriert.

Hier das Gedicht auf polnisch und englisch:

http://info-poland.buffalo.edu/exhib/ghetto2/fiori.html

und hier eine Vertonung des Gedichtes:

https://soundcloud.com/micha-basiukiewicz/cover-czes-aw-mi-osz-campo-di

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