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The great famine

Mit Grauen hab ich den schrecklichen Artikel von Rania Awwad in ZNET über die palästinensische Hungerkatastrophe gelesen, und ich wollte dazu was sagen:

Wenn ich zusehe, wie die PalästinenserInnen langsam ausgehungert werden, erinnere ich mich an die letzte große Hungerkatastrophe in Europa, die “the Great Famine” genannt wurde:

Die englische Okkupation von Irland war anfangs des 19. Jahrhunderts schon Jahrhunderte alt. Die brutale militärische Unterdrückung, die wirtschaftlichen Maßnahmen, die nur der Ausnutzung dienten, der Versuch, den Protestantismus mit Gewalt zu erzwingen und die fortschreitende Vernichtung der irischen Kultur brachten Irland zu tiefer Armut, Unterentwicklung und Verzweiflung.

Der irische Dramatiker Brian Friel beschreibt in seinem Stück “Translations” den englischen Versuch, die irische Kultur vergessen zu machen. Das Stück spielt in den dreißiger Jahren (des 19. Jahrunderts), und England hat beschlossen, Irlands Landkarte zu zeichnen. Nebenbei wird allen Dörfern, Städten, Flüssen und Bergen englische Namen gegeben, anstatt der irischen. (In diesem Stück hat Friel die Bühnenkonventionen geschickt ausgenutzt, sodass die zwei sich Liebenden zwar beide deutsch sprechen, oder wie auch immer, aber ja eigentlich sie irisch und er englisch, und nur wir verstehen die Wortsprache, die beiden verstehen sich nicht durch die Worte, sondern durch den Wortklang und die Körpersprache. Dies nur so nebenbei.) Der Versuch der kulturellen Vernichtung war eine sehr wichtige britische Waffe.

Die irische Armut führte dazu, dass die meisten Iren sich mit Kartoffeln ernährten. Ein durchschnittlicher irischer Arbeiter speiste vier Kilo Kartoffeln pro Tag. Ganz Irland war ein einziges Kartoffelfeld, mit nur drei Arten, die fruchtbarsten.

Und da geschahs: Ein amerikanisches Schiff brachte nach Europa, was man heute vielleicht eine biologische Bombe nennen könnte: eine Mikrobe aus Zentralamerika, die die europäischen Kartoffeln angriff. (Die kannten diese Mikrobe nicht, denn sie selber kamen dreihundert Jahre vorher aus den Anden.)

Der große irische Hunger begann nach der Missernte von 1845, und endete 1848. Man ist sich heute nicht ganz einig, was die Zahlen angeht, aber es gibt kein Zweifel, dass mindestens eine Million Iren dem Hunger erlagen (ungefähr eintausend pro Tag). Eine doppelte Zahl von Iren wanderte aus, vor allem nach Nordamerika, auch von ihnen kamen um die 10% um.

Während dieser Zeit regte die britische Regierung keinen Finger. Im Gegenteil, sie fuhr fort, Getreide und Fleisch aus Irland auszuführen. Hungertumulte wurden brutalst unterdrückt. So verhielt sich England übrigens in mindestens 30 (!) ähnlichen Fällen im okkupierten Indien, vom großen Hunger von 1770, mit über 10 Millionen Hungeropfer bis zur bengalischen Katastrophe in den Jahren des Zweiten Weltkrieges. Auch damals: Millionen Hungeropfer.

Irland erholte sich nie von dieser Katastrophe. Vor dem großen Hunger verdoppelte sich die Bevölkerung innert 40 Jahre, und erreichte die 8- Millionengrenze. Wir wissen nicht genau, ob nachher nur 4 oder trotzdem 5 Millionen Iren übrig blieben, aber auch heute, nach 150 Jahren, sind es nicht mehr als 9. Und bis heute tragen die Iren den Engländern dieses Massensterben nach. Die britische Regierung und ihre kapitalistischen Träger wollten Irland nicht als Volk und Land mit eigener Kultur und Identität, sondern eine arme Provinz, die immer zum britischen Imperium gehören wird, gut genug zum Ausbeuten, Aussaugen, Ausmergeln. Und dazu kam der große Hunger gerade recht: Die Besten wandern aus, und vom Rest wird die Hälfte sauber hingeschlachtet, ohne dass ein Engländer sich die Finger schmutzig machen muss.

Aber nach dem großen Hunger begann der Aufstand, der mehr als 70 Jahre dauerte, bis Irland endlich unabhängig wurde. Und bis heute, mehr als 150 Jahre nach dem Massenmord, blutet der nördliche Teil von Irland immer noch.

Die irischen Auswanderer gehören heute (zum Teil) zur Elite der stärksten Weltmacht. Der Großvater des ermordeten Präsidenten John F. Kennedy kam 1847 während des großen Hungers aus Irland in Amerika an.

Auch hier, in unserm kleinen Land, glaubt ein Teil der Bourgeoisie, sie könne die palästinensische Frage auf diese Art lösen: Der Hunger wird die meisten vertreiben, und es geschieht schon. Es ist keine Warnung. Die Zahlen von Rania Awwad sind die niedrigsten, von denen ich weiß. Ich nehme an, sie sind viel höher. Und wenn schon! 1948 und 1967 verließen mehr als die Hälfte der PalästinenserInnen das Land, und viele, viele vorher, zwischendrinn, und nachher, aber das palästinensische Volk wurde immer größer und stärker. Und mit ihm die Wunde. Vielleicht sterben in den nächsten drei Jahren eine Million PalästinenserInnen am Hunger, und noch zwei wandern aus, in ein Land, das in hundert Jahren die mächtigste Weltmacht sein wird. Das wird der Frage keine Antwort geben.

Ich bin sicher, dass viele Israeli, die sich “Linke” nennen, weil sie in die Urne einen Zettel mit dem Namen des einen Generals und nicht des andern schmeißen, sich im Innersten ihrer Leber wünschten, Sharon würde ihnen die palästinensische Frage lösen. Sie könnten dann gegen ihn demonstrieren, wie 1982, aber die Frage wäre wenigstens beantwortet. Das Schlimme ist nicht, dass es vielleicht dazu kommt. Das Schlimme ist, dass es nicht dazu kommen wird. Sharon beantwortet keine palästinensische Frage, auch nicht mit 200000 faschistischen Soldaten.

In 70 Jahren wird mein Sohn Midian, dann so alt wie mein Vater heute, Zeuge sein der Etablierung des kleinen Staates Filastin. Auch sein Urenkel wird noch unter dem palästinensischen Terror, und vor allem unter den israelischen Gegenmaßnahmen leiden, denn Israel wird weiterhin einen Teil des kleinen Filastin besetzen. Und die Ururenkel, die palästinensischen, werden an einem staatlichen Gedenktag der großen Hungerkatastrophe zu Beginn des 21. Jahrhunderts gedenken, die keine Naturkatastrophe war.

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