Sonntag, 17. Februar
Am Eckfenster meines Schlafzimmers genoß ich eine herrliche Aussicht vom siebten Stockwerk hinunter bis hin über die Dächer der verlassenen Palästinenserstadt Kalkilia, ["verlassen"?? Ist das wieder diese zionistische Phantasie wie im berühmtem Lied "…kikar hashuk reyka.." – der Marktplatz ist leer? Diese Phantasie, dass die PalästinenserInnen einfach so verschwinden? Na ja, immerhin hat im selben Jahr 1991 die Praxis der Abriegelung begonnen, die in letzter Konsequenz tatsächlich zum Mauerbau führte, der die PalästinenserInnen "verschwinden" ließ. Kalkilia ist ein Ghetto geworden, das heute von Kfar Saba nicht mehr zu sehen ist, auch nicht vom siebten Stockwerk.] fünf Minuten von Kfar Saba entfernt. Ein Witz erzählt, die Religiösen hätten im Irak eine Siedlung gebaut. Warum gerade dort? – Es ist sieben Minuten von Kfar Saba entfernt (sieben Minuten = Zeit von Abschuß bis Aufprall der Rakete).
[…]
In der La Guardia genoß ich eine ganze Zeit den frühen Hausarrest in meinem Zimmer und die entsprechende Klaustrophobie, weil Uri mit einem Kollegen und einer Kollegin in der Küche eine politische Sitzung hielt. Ich durfte daran nicht teilnehmen, aber Uri erzählte mir die Themen: Wann soll mit der Kriegsdienstverweigerung in den besetzten Gebieten begonnen werden? Schon im unbewohnten Golan oder nur dort, wo Menschen leben?
Uri sieht hübsch aus ohne Bart, man sieht seinen fein geschnittenen Mund.
In der Wohnung hing wieder dicke Luft; ich werde immer allergischer dagegen. Uri beklagte sich über Edith, sie mache ihm Schwierigkeiten, wenn er abends arbeiten wolle. Das Theater sei sein Leben, dort sei er glücklich, und wenn er nach Hause komme, sei er nicht mehr glücklich; aber Edith zwinge ihn, aus Sicherheitsgründen vor Abschluß der Aktivitäten nach Hause zu rennen. […]
Ich ging Uri ins Badezimmer nach, um zu melden, das Telefon sei frei, aber da saßen die beiden auf dem Badewannenrand in eine ernsthafte Diskussion vertieft. "O, Entschuldigung", sagte ich, "ich will nicht stören." – "Dann stör eben nicht!" antwortete Uri. Ich war sehr betroffen. Ich hab es so satt, überall eine zu viel zu sein. Wär ich bloß nicht hergekommen.
Oder bin ich überempfindlich?
Wir gingen schon um halb elf schlafen. Von sechs Wohnungen, die ich bisher besucht habe, ist dies die einzige ohne Fernsehapparat. Wie wohltuend!
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Ja, also wie ich schon vierzigmal hier schrieb: Ich konnte nicht anders und habe Wolf Biermann auf seinen Artikel in der Zeit geantwortet:
https://abumidian.wordpress.com/deutsch/biermann