MUTTER ZWISCHEN DEN FRONTEN

Viel zu lange weilt meine Mutter Hilde Shmerling-Becker nicht mehr unter uns, aber vor zwanzig Jahren weilte sie viel zu lange bei uns in Tel-Aviv. Zwei Söhne hatte sie in Tel-Aviv, als Saddam Hussein drohte, die Stadt dem Erdboden gleich zu machen: Doron und Uri. Doron war verheiratet mit Esthi (ist es immer noch), und ich, Uri, lebte mit Idit, hier Edith genannt (wir heirateten im Sommer darauf, aber leben schon lange nicht mehr miteinander…). Sie entschied sich, uns beizustehen.

Darüber hat sie ein Tagebuch geschrieben mit dem Namen " MUTTER ZWISCHEN DEN FRONTEN ". In den letzten Jahren ihres Lebens hat sie fast alles, Romane, Gedichte und Tagebücher eingetippt und –gescannt, sodass wir fast alles auf CD haben, aber dieses Tagebuch nicht. So tippe ich jetzt fleißig, jeden Tag werde ich dem geehrten Publikum einen Auszug von "Es geschah vor zwanzig Jahren…" darbieten.

Eine Leserreaktion:

Abgesehen davon, daß es natürlich hoch interessant ist, die Atmosphäre von damals, so schlicht und einfach dargestellt, mitzuerleben, meine ich zwischen den Zeilen

a)   den stummen Aufschrei einer Mutter zu hören, die nicht anders kann als zu versuchen ihre großen, wunderbaren Söhne weiter zu behüten und zu beschützen.  Sie mußte ganz einfach in Eurer Nähe sein, um die Gefahren mit Euch zu teilen.  Und

b)   ganz einfach die stumme Trauer einer Mutter, die sich noch immer nicht ganz daran gewöhnen konnte, daß ihre Kinder flügge geworden waren.

Das ist etwas, worüber nie gesprochen oder gar geschrieben wird, weil es so banal ist, denn es ist der Lauf des Lebens, und wir haben ja wohl alle irgendwann mal das Elternhaus verlassen.  Wenn man als junger Mensch geht, empfindet man den Abschied nicht als Schmerz, erst wenn es einem selber passiert, gehen einem die Augen auf.  Manche Eltern behaupten froh zu sein, wenn ihre Kinder endlich das Haus verlassen, die meisten aber sind glücklicher, wenn ihre Kinder in Reichweite bleiben.

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